Ein bisschen Geschichte

 

1896 gründete Hans Ragotzky (1868-1927) in Berlin-Moabit den Volksmusikverlag Hans Ragotzky, in dem zunächst Zithermusik verlegt wurde. Sein am 8. 10. 1892 geborener Sohn Johannes (genannt: Hans) Ragotzky, der wie sein Vater ein begeisterter Volksmusikant war, übernahm ca. 1924 die Leitung des Verlages.

Durch dessen Kontakt zu Konrad Wölki - er spielte in Wölkis 1923 gegründeter Lautengilde - verlagerte sich das Verlagsprogramm nun langsam hin zur Musik für Mandolinenorchester. Das erste Werk, das unter der Verlagsführung von Hans Ragotzky junior für Mandolinenorchester verlegt wurde, ist Konrad Wölkis Ouverture A-Dur (Mandolinata-Ouverture, 1924). Im Zuge dieser Entwicklung erfolgte die Umbenennung des Verlages in Mandolinata-Verlag, wobei das Zeichen "R" als Flaggenzeichen beibehalten wurde.

Nur mit der speziellen Hilfe Wölkis waren einige Publikationen während der Zeit von 1933-l945 möglich, u. a. die Deutsche Schule für Mandoline (in drei Bänden 1937 - 39) und Ernst Guido Naumanns Kanon-Sonate.

Der Ragotzky-Verlag wurde 1944 als Mitglied in die damalige STAGMA (Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte) aufgenommen, die 1933 nach der Liquidation der bestehenden Verwertungsgesellschaften gegründet worden war. Erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die STAGMA durch die Alliierten in GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfaltigungsrechte) umbenannt.

Der Wechsel des Verlagsnamens von Mandolinata hin zu Hans Ragotzy Der Volksmusikverlag kann heute leider nicht genau datiert werden. Anhand der zugänglichen Notenausgaben liegt jedoch die Annahme nahe, dass die Umbenennung direkt nach dem 2. Weltkrieg erfolgte. Der Druck von Publikationen (Noten wie auch Schriften) war unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg nur jeweils mit der Genehmigung der französischen Militärregierung möglich, da das Verlagshaus nach der Aufgabe des ursprünglichen Standortes nun in der Swakopmunder Straße im französischen Sektor Berlins lag.

In den ersten Nachkriegsjahren war Konrad Wölki der Hauptautor des Verlages. Zwar hatte Wölki auch einige Publikationen in seinem eigenen Verlag (Sonnen-Verlag) in Berlin-Reinickendorf herausgegeben. Diese wurden später jedoch dem Verlag Ragotzkys zugeführt (u. a. die Werke Madame Pompadour und Gruß an Berlin).

Neben einigen Werken von Rudolf Krebs (z. B. Zwei Reigentänze, Schäfertanz und Dorfschulzentanz) und Konrad Wölki (z. B. Kleine Stücke für junge Mandolinen- und Gitarrenspieler) ist speziell erwähnenswert die seit 1946 herausgegebene Zeitschrift Die Lautengilde, die zu dieser Zeit als einziges Fachorgan sowohl in West- als auch in Ostdeutschland vertrieben wurde.

Mitte der 50er trennte sich der Verleger von seinem Autor Konrad Wölki, so dass sich Hans Ragotzky nun verstärkt um andere Autoren bemühte, wie z. B. Rudolf Krebs, Arno Starck, die auch unter den Pseudonymen Ralph Crevetti/Georg Claußnitzer bzw. Olaf King Kompositionen veröffentlichten. Wölki vergab in dieser Zeit seine Kompositionen, Bearbeitungen und Einrichtungen für Zupforchester an die Verlage Moeck (Celle) und Lienau (Berlin). Bei Moeck erschien auch eine von Konrad Wölki redigierte Zeitschrift für den DAM (Deutscher Allgemeiner Mandolinistenbund). Seine Werke für Gitarren-Ensemble erschienen zu dieser Zeit bei den Verlagen Schott (Mainz) und Apollo (Berlin).

1962 kaufte Joachim Trekel das Musikgeschäft von Otto Schweitzer in Wuppertal auf und verlegte den Firmensitz mit Hilfe von lrmgard Rönicke nach Hamburg-Langenhorn. 1964 übernahm Joachim Trekel zusätzlich die Musikalienhandlung Emil Hofmann in Hamburg, inklusive aller Vertretungen, u. a. Le Mediator, Adofé, II Mandolino, Maurri und Calace. Zu dieser Musikalienhandlung gehörte außerdem der Fritz Gottschalk Verlag (Köln); diese Tatsache wurde jedoch erst später bekannt, so dass dieser Verlag leider nicht weitergeführt wurde.

Ingrid und Joachim Trekel besuchten erstmals 1964 die Familie Ragotzky in Berlin. Schon in dieser Zeit war eine spätere Verlagsübernahme durch Joachim Trekel im Gespräch. Am 27. 4. 1967 starb Hans Ragotzky, so dass die Verlagsübernahme durch Joachim Trekel am 31. 12. 1968 Wirklichkeit wurde. Im Frühjahr 1969 wurden die Notenbestände und das Mobiliar von Berlin nach Hamburg-Langenhorn in die Tangstedter Landstraße überführt.

Nach der Verlagsübernahme wurden allmählich die Werke von Konrad Wö1ki bei den Verlagen Moeck, Lienau und Vieweg in den heutigen Joachim-Trekel-Musikverlag aufgenommen und die anspruchsvollen Kompositionen Wölkis fur Gitarren-Ensemble neu in der Reihe TGM (Trekel-Gitarren-Magazin) zusammengefasst. Joachim Trekel war durch das Wissen, das ihm von Gerda und Konrad Wölki vermittelt wurde, eng mit den Wölkis verbunden. So kam wieder eine rege Zusammenarbeit zwischen dem Komponisten und dem Verlagshaus zustande.

Seit Ende der 60er Jahre entstanden für bzw. von Siegfried Behrend einige wichtige Verlagsausgaben. Zu dieser Zeit war Behrend bereits als hervorragender Gitarrist weltweit anerkannt und hatte darüber hinaus als Dirigent des Saarländischen Zupforchesters und des Deutschen Zupforchesters von sich reden gemacht. In Zusammenarbeit mit Siegfried Behrend entstanden die Reihen Zupforchester-Bibliothek und Kammermusik-Bibliothek. Viele der Werke, die für das Deutsche Zupforchester komponiert wurden, lagen erst während der Arbeitsphasen des Orchesters in Reinschrift vor, da die Manuskripte häufig erst unmittelbar vor den Arbeitsphasen beim Verlag eintrafen.

An eine dieser Probenphasen in Muckenhausen (Wiesloch bei Heidelberg) erinnert sich Joachim Trekel: „Die Reinschrift für ein Werk entstand nachts. Die Kopien der Reinschrift wurden morgens in einem Copyshop gezogen und dem Orchester anschließend zur Probe zur Verfügung gestellt. Nach einer kurzen Schlafpause wurde das nächste Werk für den nächsten Tag in einer erneuten Spät- und Nachtschicht [von Hand!] geschrieben (u. a. Siegfried Behrend, Altdeutsche Tanzmusik für Gitarre und Zupforchester).“

Anfang der 70er Jahre gab Siegfried Behrend auf den jährlich in Rehlingen stattfindenden Fortbildungslehrgängen für Mandolinen- und Gitarrenspieler Empfänge, zu denen er Komponisten einlud, um ihnen das Zupforchester als Klangkörper sowie die Besonderheiten der Instrumente Mandoline, Mandola und Gitarre vorzustellen. Zahlreiche namhafte Komponisten dieser Zeit konnten durch diesen Kontakt gewonnen werden, für diese Besetzung zu komponieren. Einer dieser Empfänge ermöglichte es Joachim Trekel, Kontakt zu Helmut Fackler, Günter Braun, Heinrich Konietzny, Martin Lauterlein u. a. aufzubauen.

Etwa 1970 bot Franz Probst seine Kompositionen und Bearbeitungen für Gitarren-Ensemble dem Verlag an, womit die Reihe Musik für Gitarrenchor eingerichtet wurde. Auch Kompositionen von Helmut Fackler und Günter Braun wurden in dieser Reihe von Probst herausgegeben.

Für Jugend musiziert und Kammermusikfreunde der Mandoline entstand unter der Federführung von Wilhelm Krumbach die Reihe Die klassische Mandoline. Alle in dieser Reihe veröffentlichten Werke wurden zu dieser Zeit beim Saarländischen Rundfunk von Sylvia und Takashi Ochi und Wilhelm Krumbach eingespielt.

lm Mai 1979 erhielten Verlag und Büro neue Räumlichkeiten in unmittelbarer Nähe des Musikgeschäfts, da der bisherige Verlagsstandort nicht mehr genügend Raum bot.

1997 übernahm der Verlag den Hausmusikverlag Irmgard Rönicke.

Seit Eintritt der nächsten Generation mit Maren und Uwe Trekel in das Unternehmen wurde behutsam den rasanten Entwicklungen im Bereich digitaler Notensatz Rechnung getragen. Immerhin erhalten noch heute wenige Werke die Ehre, von Joachim Trekel handschriftlich in Reinschrift gebracht und so veröffentlicht zu werden!

Am 1.1. 2009 übernahmen Maren und Uwe Trekel offiziell die Leitung des Musikverlags. Trotz der Notwendigkeit, immer Schritt mit Entwicklungen im Bereich der Kommunikationstechnologien und den entsprechenden Auswirkungen auf die Verlagstätigkeit zu halten, bleibt immer auch das Bewahren gerade im Bereich der Musik für Mandolinenorchester (Zupforchester) im Blickfeld.

Ein besonderes Anliegen des Verlages besteht heute zum einen an Werken für Zupforchester, Gitarren-Ensemble und Kammermusik in Bezug auf die Förderung unbekannter junger Komponisten, zum anderen jedoch auch an Publikationen zeitgemäßer Bearbeitungen. Die enge Verzahnung der Geschäftsbereiche Verlag und Geschäft ist in Bezug auf den Erfolg der Firma sicherlich ebenso als stützender Faktor anzusehen wie die ständige Präsenz auf Kursen und Festivals.

Gesicht und Umfang des Verlages haben sich in all den Jahren deutlich verändert, dem Ziel jedoch, den Mandolinen- und Gitarren-Spielern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, bleibt das Haus auch nach über einem Jahrhundert verpflichtet.